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Stellungnahme der Fanhilfe Regensburg e. V. zum Heimspiel gegen den TSV 1860 München am 14.04.2024

Anlässlich des Heimspiels des SSV Jahn Regensburg am vergangenen Sonntag gegen den TSV 1860 München war im Vorfeld bekannt, dass die Polizei in hohem Maße Präsenz zeigen wird. Jedoch ließen uns gleich mehrere polizeiliche Maßnahmen an besagtem Tag durchaus fragend und kritisch zurück.

Als Fanhilfe Regensburg haben wir den gesamten Tag über das Geschehen begleitet und möchten daher auf einige Punkte etwas genauer eingehen und unsere Sicht schildern.

Am Sonntagvormittag befand sich die aktive Fanszene des SSV Jahn Regensburg in der Altstadt und verbrachte wie üblich die Stunden vor dem Heimspiel gemeinsam. Dabei kam die Fanszene an einem Gasthaus vorbei, in dessen Umfeld eine polizeiliche Maßnahme stattfand. Nachdem sich die Fanszene aus Richtung Westen kommend auf direkten Weg zurück in die Innenstadt machte und dabei die betroffene Wirtschaft links liegen ließ, fand man sich in der Gesandtenstraße schnell in einem Polizeikessel wieder. Nach geraumer Zeit wurde uns per Lautsprecherwagen durch einen Beamten mit eher fraglichen humoristischen Eigenschaften das weitere Vorgehen verkündet: Alle im Kessel befindlichen Personen wurden vom Unterstützungskommando Bamberg in den darauffolgenden knappen drei Stunden einer Vollkontrolle inklusive erkennungsdienstlicher Behandlung unterzogen. Erst nach mehrfacher Aufforderung von Personen außerhalb des Polizeikessels wurden den festgehaltenen Personen Toilettengänge und Getränke gewährt. Zu dieser mehrstündigen Prozedur wurde sogar die Kriminalpolizei hinzugezogen und untersuchte unter anderem Führerscheine mit Dokumentenprüfgeräten auf ihre Echtheit. Das Ergebnis dieser Maßnahme mit über 150 kontrollierten Personen waren unseren Beobachtungen zufolge lediglich ein Vermummungsgegenstand und mehrere Aufkleber. Das Stadion wurde knapp zum Anpfiff noch erreicht und das Spiel ging ohne Zwischenfälle vonstatten.

Mit viel Mühe und gutem Willen lässt sich aus einsatztaktischer Sicht der Polizei die erste Maßnahme des Tages in Anbetracht der Fantrennung vielleicht sogar noch nachvollziehen, jedoch sollte die folgende Situation eine uns bisher unbekannte Stufe der Repression seitens der Behörden gegen Fußballfans darstellen. Nach dem Spiel begab sich die Fanszene zu einer Bushaltestelle um den Rückweg in die Stadt anzutreten. Auf diesem Weg wurde angeblich einem vorbeigehenden Fan von 1860 München ein Schal entwendet. Als man an der wenig entfernten Bushaltestelle angekommen war, befand man sich heute zum bereits zweiten Mal innerhalb eines Polizeikessels.

Es wurde uns mitgeteilt, dass man auf der Suche nach dem potentiellen Täter sei und dieser sich doch am Besten stellen sollte um die Maßnahme zu beenden. Rund eine halbe Stunde später haben sich erneut die Beamten vom USK Bamberg behelmt und es wurde eine Person aus der Menge herausgeholt und in Handschellen zu einem Polizeiauto und damit zur rund 300 Meter entfernten Gefangenensammelstelle am Jahnstadion gebracht. Statt die polizeiliche Maßnahme nach mehr als einer Stunde zu beenden, wurde die Tonart der extra angeforderten Kommunikationsbeamten zunehmend rauer und es gab die ersten unterschwelligen Aufforderungen die bereitgestellten Shuttlebusse zu nutzen, da sonst gegebenenfalls unmittelbarer Zwang angewendet werden müsste. Die Erinnerungen an die Vorkommnisse beim Auswärtsspiel in Fürth 2018 waren bei allen Beteiligten sofort präsent. Dann wurde uns eröffnet, dass der Betroffene heute ohnehin nicht mehr zu uns stoßen würde und er die Nacht in Gewahrsam verbringen soll und ohnehin gar nicht mehr auf der Gefangenensammelstelle wäre. Letzteres war offensichtlich eine dreiste Lüge, worauf die Beamten auch hingewiesen wurden. Uns als Fanhilfe war es nicht möglich, dem Festgenommenen die Kontaktdaten einer Anwältin direkt zukommen zu lassen. Dies wurde zunächst über einen Polizisten versucht. Trotz der Versicherung des Polizeibeamten, die Telefonnummer zu überbringen, kam er dem offensichtlich nicht nach, sodass die Kontaktdaten der Anwältin schlussendlich über den Fanbeauftragten weitergegeben wurden. Erst dann konnte der Beschuldigte mit seinem Rechtsbeistand persönlich sprechen.

Die Fanszene machte sich daraufhin mit dem Bus und massiver Polizeibegleitung auf den Weg ins Fanprojekt in die Regensburger Innenstadt um den Spieltag dort gemeinsam ausklingen zu lassen. Dort befanden sich auch bereits mehrere junge Jahnfans und Mitglieder anderer Fanclubs.

In der Nähe vom Fanprojekt kam es kurze Zeit nach unserer Ankunft anscheinend zu einer körperlichen Auseinandersetzung, woraufhin diesmal die Landespolizei den nun für manche insgesamt dritten Polizeikessel um die Personen im- und vor dem Fanprojekt zog. Grund dafür war scheinbar, dass die Beamten Beteiligte an der Auseinandersetzung in den Räumlichkeiten des Fanprojekts vermuteten. Dieses Mal versuchte die Polizei zwar nicht wie vor einem Jahr das Fanprojekt zu stürmen, verhinderte aber durch Blockieren der Türe, dass Personen die Lokalität betreten oder verlassen konnten. Daraufhin folgte eine etwa dreistündige Maßnahme nach dem Polizeiaufgabengesetz, in dessen Verlauf alle Besucher des Fanprojekts einzeln durch Polizeibeamte zur erkennungsdienstlichen Behandlung nach draußen kommen mussten. Das Fanprojekt-Team und ein hinzugezogener Rechtsanwalt begleiteten diese vermittelnd und unterstützend. Gegen beinahe jede der kontrollierten Personen wird nun wegen versuchtem Landfriedensbruch ermittelt und einen Platzverweis gab es obendrauf.

Der Heimspieltag endete damit für viele erst nach mehr als zwölf Stunden und auch für uns musste das Geschehene erst einmal verarbeitet werden. Wir kritisieren manche Vorgehensweisen der Polizei scharf, da zum Beispiel ein versuchter Schalraub in unseren Augen keine Untersuchungshaft aufgrund von Fluchtgefahr rechtfertigt, selbst wenn der Beschuldigte keinen festen Wohnsitz in Deutschland hat. Am Montagnachmittag konnte der junge Mann im Beisein seiner Anwältin nach der Vorführung bei der Haftrichterin das Gericht gegen eine Kautionszahlung in geringer vierstelliger Höhe letztendlich wieder verlassen und endlich die Heimreise antreten.

Zusätzlich möchten wir diesbezüglich auf das Urteil vom Amtsgericht Frankfurt (917 Ls 6443 Js 217242/23) von vergangenem Oktober aufmerksam machen, wonach der dort verhandelte Schalraub nicht die Merkmale eines Diebstahls oder Raubes erfüllt, sondern lediglich in diesem Fall als Nötigung anzusehen ist. Ob der betriebene Aufwand für diesen ähnlich gelagerten Fall mit dem angeblich begangenen Vergehen in Relation steht, bezweifeln wir stark.

Wir verlangen von der Einsatzleitung eine interne Aufarbeitung der Einsatztaktik, stellen hiermit offen die Frage der Verhältnismäßigkeit und behalten uns gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte vor. Zudem bedanken wir uns für die den ganzen Tag über ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt Regensburg.

Fanhilfe Regensburg, 20.04.2024

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